Industriemühle in Neustadt, Spiegelberg 41a

Wohnheim für Reitschüler

Im Ortsteil Spiegelberg von Neustadt (Dosse) dient der ortsbildprägende Backstein-Rohbau einer Industriemühle heute als Wohnheim für im Internat untergebrachte Reitschüler der Prinz-von-Homburg-Schule. Das seit 1991 leerstehende Gebäude war von 2008 bis 2010 instandgesetzt und umgebaut sowie um ein Staffelgeschoss ergänzt worden. Seitdem bietet es Wohnräume für Reitschüler, für Betreuer sowie Speise- und Gemeinschaftsräume. Idealerweise liegt es zwischen dem Brandenburgischen Haupt- und Landgestüt und der Schule, ist Bestandteil des Schlossensembles Spiegelberg mit barocker Parkanlage. Denn auch das Schloss wird von den Reitschülern als Wohnheim genutzt. Der vermutlich 1893 auf einer Grundfläche von 32 mal 12 Metern als massiver Ziegelbau mit Kappendecke und Holzbalkenkonstruktion im Inneren errichtete Viergeschosser war damals ein moderner Mühlenbau und ist ein Zeugnis der für die Region typischen Lebensmittelindustrie, die von der Nähe zu Landwirtschaft profitiert. Den Standort an der Dosse nutzte einst eine mit Wasserkraft arbeitende Poliermühle, welche für die 1689 in der Nachbarschaft in Betrieb genommene Spiegelmanufaktur arbeitete. Laut einem 1846 vom Besitzer A. Lehmann gestellten Antrag wurde die Poliermühle zu einer Getreidemühle umgebaut. 1873 gab es einen weiteren Umbau, ehe Alexander Heymann 1893 als Besitzer einer Dampf- und Wassermühle benannt wird. Zu der Zeit entstand vermutlich das heute noch vorhandene Mühlengebäude. Das für die Dampfmaschine errichtete Maschinenhaus an der Südseite dient heute unter anderem als Speisesaal.

Am 22. Februar 1901 meldete Heymann Konkurs für seinen Betrieb an. Die Immobilie übernahm die Spiegelberger Terraingesellschaft mbH (Berlin) am 31. August 1902, ehe die Mühlenbesitzer Karl und Georg Schnur am 31. August 1915 die Spiegelberger Mühle kauften. Seit dem 22. Dezember 1922 war Georg Schnur alleiniger Besitzer. Das vermutlich in den 1920er Jahren an das Maschinenhaus angebaute Transformatorenhäuschen verweist auf die damals umgesetzte Elektrifizierung der Mühle. Dabei wurden Reinigungsmaschinen, Sichter und Walzenstühle im Inneren wohl von einem einzigen Motor angetrieben.

Noch heute gibt es mehrere große Antriebswellen der einstiegen Transmission im Erdgeschoss. Am 10. Januar 1928 erwarb Hermann Hillger, Verleger und Besitzer des Gutes Spiegelberg, die Mühle und verpachtete sie an den Mühlenkonzern Kampffmeyer, der sie bis 1945 betrieb. Anschließend wurde der Gutsbetrieb im Rahmen der Bodenreform aufgeteilt – die Mühle
wurde von der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) im Kreis Ruppin und vom Volkseigenen Hauptgestüt betrieben. In den letzten Jahren der DDR wurde die Mühle nur noch für Lagerzwecke genutzt und 1991 stillgelegt.

Text: Sven Bardua